Samstag, 24. Januar 2009
 
Guatemala: Neue Auflagen für Adoptionen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von na-inforpress   
Mittwoch, 18. April 2007

Madonna tat es und will es wieder tun, Brad Pitt und Angelina Jolie taten es. Aber nicht nur betuchte Filmstars, immer mehr kinderlose Paare in der industrialisierten Welt holen sich Kinder aus exotischen Ländern zur Adoption. In manchen Ländern ist das ein blühender Geschäftszweig. Guatemala etwa liegt bei Auslandsadoptionen an vierter Stelle. 95% der Kinder werden in die USA geholt. Die Gesetze sind so lax, daß jetzt von Seiten der USA Auflagen erwogen werden.

Die Regierung der Vereinigten Staaten droht, US-Bürgern die Adoption guatemaltekischer Kinder zu untersagen, sollte Guatemala seine laxen Adoptionsgesetze nicht reformieren. Die große Mehrzahl der Gesuche adoptionswilliger Paare erhält der lateinamerikanische Staat aus den USA. Das Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption sieht vor, dass Adoptionen nur zulässig sind, sofern das Herkunftsland der betroffenen Kinder die Auflagen der Konvention erfüllt. Diese Auflage wird in den Vereinigten Staaten im April in Kraft treten.

„Nach Inkrafttreten der Haager Adoptionsregelung in den Vereinigten Staaten wird die US-Regierung einer Adoption aus Guatemala nur zustimmen, wenn die Bestimmungen der Haager Konvention vollständig erfüllt sind“, lautet es auf der Webseite der US-amerikanischen Botschaft in Guatemala. „Dies ist vor allem zum Schaden der  guatemaltekischen Kinder, die die dauerhafte Eingliedung in ein familiäres Umfeld brauchen. Die Vereinigten Staaten versuchen dies zu vermeiden“.

Im Jahr 2002 hatte Guatemala das Haager Übereinkommen unterzeichnet, doch bereits ein Jahr später erklärte der Verfassungsgerichtshof die Konvention auf Betreiben einer Lobby von Anwälten für verfassungswidrig. Im selben Jahr widersprachen Deutschland, Kanada, Spanien, Großbritannien und Holland dem Beitritt Guatemalas zur Konvention, da das Land keine rechtlichen Garantien bezüglich der folgenden Schritte im Rahmen des Adoptionsprozesses abgeben wollte: Prüfen, ob ein Kind zur Adoption freigegeben wurde; Sicherstellen, dass die Eltern der Adoption zustimmen und dass sie hinreichend über die Folgen der Adoption informiert wurden; Abklären, ob eine internationale Adoption im  Interesse des Kindes ist und ob nicht auch Möglichkeiten zur Adoption im eigenen Land bestehen.

Laut UNICEF steht Guatemala mit nur elf Millionen Einwohner/innen an vierter Stelle der Länder mit den meisten Adoptionen auf internationaler Ebene. Die Liste wird angeführt von China, danach folgen Russland und Südkorea. Im Jahr 2006 fanden 98 Prozent der Adoptionen in Guatemala auf internationaler Ebene statt, 95 Prozent davon gingen auf Gesuche aus den Vereinigten Staaten zurück. Die US-Botschaft stellte im vergangenen Jahr 4.274 Visa für guatemaltekische Kinder aus; nur 75 Kinder wurden im eigenen Land adoptiert.

Eine der Auflagen der Haager Konvention besagt, dass Adoptionen im eigenen Land Vorrang haben sollen. Dennoch werden für die Abwicklung einer Adoption Beträge gefordert, die nur wenige guatemaltekische Familien überhaupt aufbringen können: Zu den Gebühren in Höhe von 25.000 US-Dollar kommen noch weitere 30.000 Dollar Ausgaben für Papierkram,  Anwälte und Reisekosten.

Die Zahlen der Inlandsadoptionen werden jedoch angezweifelt. Marvin Rabanales, Präsident der Koordinationsstelle zur Förderung der Rechte von Kindern, erklärt: „In Guatemala heißt es, dass die Guatemalteken keine Kinder adoptieren. Durch die bewaffneten Konflikte im Land gab es jedoch Tausende von Waisen, die nicht zur Adoption freigegeben, sondern von den Gemeinden mitversorgt wurden. Selbiges geschah im Jahr 2005 nach dem Hurrikan Stan. Würden wir diese Art der Versorgung als Adoptionen behandeln, würde sich die offizielle Zahl der inländischen Adoptionen um ein Vielfaches erhöhen“. Laut Jorge Luis Ortega, dem ehemaligen Präsident der Kommission für Minderjährige und Familien, machen die Gebühren der Anwälte einen Großteil der Kosten für die Adoption aus, und diese hätten das Geschäft fest im Griff.

Héctor Dionisio, Rechtsberater der Organisation Casa Alianza zum Schutz der Rechte von Kindern, erklärt: „Damit die Kosten für Adoptionen sinken, dürfen internationale Adoptionen keine Vorzugsbehandlung erfahren. Die Anwaltskosten für die einzelnen Adoptionsverfahren müssen niedriger veranschlagt und die Arbeit der Anwälte als sozialer Beitrag zum Wohle guatemaltekischer Kinder betrachtet werden, damit diese in ihrem Herkunftsland bleiben können“.

Obwohl die Mehrheit der Fachleute auf diesem Gebiet die Ratifizierung der Konvention begrüßen würde, weisen die Experten auch darauf hin, dass die guatemaltekische Gesetzesregelung von Adoptionen weiterer umfassender Reformen bedarf, um dem Anstieg der inländischen Adoptionen Vorschub leisten zu können. Im Januar gingen bei der Obersten Staatsanwaltschaft 450 Adoptionsgesuche ein. Die Behörde kündigte an, die Zahl werde in den folgenden Monaten weiter steigen, bevor die Vereinigten Staaten die Haager Konvention ratifiziere.

Die US-amerikanische Botschaft forderte die guatemaltekischen Behörden auf, durch eine Sondergesetzgebung zur Adoption den Anforderungen der Konvention nachzukommen. Bisher werden Adoptionsverfahren in Guatemala durch das Bürgerliche Gesetzbuch, das Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte der Kinder geregelt. Es existieren jedoch keine gesonderten Bestimmungen. Ein Gesetzesvorschlag zum Adoptionsgesetz wurde dem Kongress im Jahr 2005 vorgelegt und wartet seither auf Bearbeitung.

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